Schon im März dieses Jahres ist - in einem Special release von RDA - eine weitere Übersetzung von RDA erschienen, nämlich die italienische. Irgendwie war ich aber noch nicht dazu gekommen, dazu etwas zu bloggen, was ich nunmehr nachhole. Dies ist übrigens schon der dritte Nachtrag zur ursprünglichen Übersicht der Sprachfassungen von RDA, denn seither waren schon Spanisch und Finnisch hinzugekommen. Wer sich die italienische Übersetzung ansehen will, ändert am besten kurzfristig die Spracheinstellung in seinem Profil. Alternativ kann man auch den "Sprache umstellen"-Button verwenden; das gilt dann aber nur für das aktuelle Kapitel (und auch nicht für den Navigationsbaum).
Hier ein paar Beispiele dafür, wie die Fachbegriffe auf Italienisch aussehen: Der geistige Schöpfer heißt "creatore", der Mitwirkende "contributore". Titelzusätze sind "altre informazioni suo titulo" und eine Verantwortlichkeitsangabe nennt man "formulazione di responsabilità". Ein "elemento essenziale" ist ein Kernelement und der "nome preferito per la persona" der bevorzugte Name einer Person.
Für die italienische Übersetzung ist das Istituto Centrale per il Catalogo Unico delle biblioteche italiane e per le informazioni bibliografiche (ICCU) zuständig. Für die Übersetzung wurde eine Arbeitsgruppe mit über 20 Personen eingesetzt, über der noch ein Koordinierungskomitee stand (die Details kann man im Toolkit-Blog zur Ankündigung der Übersetzung nachlesen, inkl. Links zu italienischen Dokumenten). Die Übersetzung war allerdings schon beim Erscheinen nicht mehr aktuell: Sie ist auf dem RDA-Stand von April 2014.
Sie erinnern sich vielleicht noch, dass die erste Fassung der deutschen Übersetzung ein Jahr lang frei im Netz verfügbar war. Das ist nun auch mit der italienischen Fassung der Fall, die man derzeit von dieser Seite aus als PDF abrufen kann - es sind übrigens 981 Seiten. Man will also ganz offensichtlich allen Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit geben, sich mit RDA zu beschäftigen, ohne gleich eine Toolkit-Lizenz abschließen zu müssen.
Ich konnte auf die Schnelle nicht herausfinden, wie weit die Pläne für einen Umstieg auf RDA in Italien tatsächlich gediehen sind (falls jemand Näheres dazu weiß, freue ich mich über einen Kommentar mit einer entsprechenden Ergänzung). Im Toolkit-Blogeintrag zum Sonder-Release heißt es, die Übersetzung sei dazu gedacht, "to enable RDA training in Italian to proceed with access to translation" - das klingt ja schon ein bisschen so, als ob es bald mit Schulungen losgehen sollte. Aus dem Vorwort zur italienischen Übersetzung kann ich aber nichts so Konkretes ablesen (was aber auch an meinen mangelhaften Italienisch-Kenntnissen liegen kann). Dort heißt es:
"Con la versione italiana di RDA si auspica una partecipazione attiva di tutta la comunità professionale allo studio e all’approfondimento dello standard di descrizione di contenuto, per l’integrazione nei codici nazionali di nuovi strumenti d’informazione e per il rilancio del ruolo delle istituzioni della cultura nell’era digitale."
Ursprünglich war man in Italien, zumindest nach meinem Eindruck, eher zurückhaltend, da man dort ja erst 2009 ein neues Katalogisierungsregelwerk - die "Regole italiane di catalogazione" (REICAT) - eingeführt hatte. Dieses basiert ebenfalls auf FRBR, unterscheidet sich jedoch merklich von RDA (vgl. dazu die einschlägige Bachelorarbeit von Gerlind Ladisch).
Dass man sich jetzt zumindest intensiv mit RDA auseinandersetzt, zeigt das in diesem Jahr erschienene Sonderheft der OA-Zeitschrift "Italian journal of
library, archives and information science" zum Thema RDA (Heft 2/2016). Leider sind gerade die interessantesten Beiträge auf Italienisch,
beispielsweise eine sehr kritische Analyse von RDA durch Alberto Petrucciani, den Herausgeber der REICAT (RDA: a critical analysis based on cataloguing theory and practice). Hier das englische Abstract:
Ganz anders ist der Tenor eines Beitrags von Carlo Bianchini und Mauro Guerrini, die beide maßgeblich an der italienischen RDA-Übersetzung beteiligt waren, im selben Heft. In ihrem auf Englisch verfassten Aufsatz (RDA: a content standard to ensure the quality of data) betonen sie u.a. die Vorteile von RDA im Semantic Web ("RDA and linked data represent a happy binomial", S. 86f.) und die besondere Stärke von RDA im Bereich der Beziehungen. Man darf gespannt sein, wie es mit der RDA-Diskussion in Italien weitergeht.
Mit der Veröffentlichung der italienischen Übersetzung ist die Zahl der Sprachfassungen im Toolkit auf sechs angewachsen (Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch, Finnisch, Italienisch). Nicht ins RDA-Toolkit integriert wurde bekanntlich die chinesische Übersetzung (s. Blog-Beitrag).
Heidrun Wiesenmüller
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Renate Behrens (Donnerstag, 06 Oktober 2016 09:52)
Die Situation in Italien ist unverändert. Es gibt keine offiziellen Pläne, RDA zu implementieren auch wenn einige Kolleginnen und Kollegen in diesem Bereich sehr aktiv sind. Casalini Libri erschließt hingegen bereits seit einigen Jahren nach RDA (LC Core Level Cataloguing). Auch die Aktualisierung der italienischen Übersetzung ist noch ungewiss.
Die nächste Jahrestagung der EURIG wird im Frühjahr 2017 in Fiesole/Florenz stattfinden. Hier wird man eventuell Neues über die Entwicklung in Italien erfahren.
Renate Behrens, Europe Region Representative to the RSC
Heidrun Wiesenmüller (Donnerstag, 06 Oktober 2016 09:54)
Dankeschön, liebe Frau Behrens!
Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller