Eine der interessantesten und ergiebigsten Bachelorarbeiten, die ich in den letzten Jahren betreut habe, wurde jetzt auf E-LIS veröffentlicht: Katalogisierungspraxis an Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland - eine Analyse der aktuellen Situation von Belinda Woppowa, die zum Ende des Wintersemesters 2017/18 ihr Studium an der HdM abgeschlossen hat. Das Zweitgutachten hat dankenswerterweise Rebecca Heintz von der Stadtbücherei Augsburg übernommen (natürlich auch eine HdM-Absolventin).
Mich hatte dieses Thema schon länger interessiert, denn Katalogisierung wird doch fast immer nur im Kontext der WBs betrachtet und behandelt. Aber was machen denn die ÖBs - übernehmen die einfach alle nur ekz-Daten und das war's dann?
In einer groß angelegten Umfrage hat sich Frau Woppowa nicht nur ausführlich mit unterschiedlichen Aspekten von Fremddatenübernahme und Eigenkatalogisierung an ÖBs beschäftigt (u.a. woher stammen die Fremddaten, werden an den Fremddaten Änderungen vorgenommen, wieviele und welche Arten von Medien werden eigenständig katalogisiert?), sondern auch weitere spannende Fragen untersucht: Wieviele Mitarbeiter und welche Mitarbeitergruppen werden in der Katalogisierung eingesetzt? Wie groß oder klein wird die Rolle der Katalogisierung an ÖBs eingeschätzt? Welche Kenntnisse sollten BerufsanfängerInnen im Bereich Katalogisierung nach Ansicht der ÖB-KollegInnen mitbringen?
Über 500 Bibliotheken aus fünf unterschiedlichen Größengruppen wurden zur Teilnahme eingeladen, und die Auswertung basiert auf immerhin 187 ausgefüllten Online-Fragebögen. Die Ergebnisse können also durchaus als repräsentativ betrachtet werden. Die Methodik der Umfrage war gut durchdacht, und die statistischen Methoden wurden von Frau Woppowa mit großer Souveränität angewendet. Mich hat die Arbeit wirklich sehr beeindruckt.
Die wichtigsten Erkenntnisse wollen Frau Woppowa und ich außerdem noch als Aufsatz in der Open-Access-Zeitschrift o-bib publizieren. Wegen meines derzeit chronischen Zeitmangels wird sich das allerdings noch etwas verzögern. Einstweilen empfehle ich deshalb die Lektüre der Vollfassung.
Einige der Ergebnisse finde ich übrigens durchaus überraschend - beispielsweise die gar nicht so kleine Rolle, die die Katalogisierung nach der Einschätzung der Befragten an vielen ÖBs spielt. Hier die Gesamtauswertung dieser Frage im Schaubild (S. 46 in der Arbeit; es gibt auch noch eine detaillierte Auswertung nach den unterschiedlichen Größengruppen):
Das Thema RDA und RDA-Einführung an ÖBs wurde übrigens bewusst aus der Umfrage herausgelassen - es wäre sonst einfach zu umfangreich geworden. Aber das kann ich ja demnächst in einer anderen Bachelorarbeit untersuchen lassen... Oder gibt es schon etwas Einschlägiges darüber, das mir womöglich entgangen ist?
Heidrun Wiesenmüller
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