Drei Minuten RDA: Auflagen, die eigentlich Drucke sind

Heute will ich Ihre Aufmerksamkeit auf ein kleines, aber nichtsdestoweniger interessantes Detail im Bereich der Ausgabebezeichnung lenken. In RDA 2.5.2.1 heißt es: "Beachten Sie, dass in einigen Sprachen derselbe Terminus oder dieselben Termini verwendet werden können, um sowohl die Ausgabe als auch den Druck zu bezeichnen" (s.a. den folgenden Screenshot aus dem RDA Toolkit).

Screenshot aus dem RDA Toolkit mit der Regelwerksstelle 2.5.2.1
Screenshot aus dem RDA Toolkit (www.rdatoolkit.org), verwendet mit Genehmigung der RDA-Verleger (American Library Association, Canadian Library Association und CILIP)

Tatsächlich gehen die Verlage mit dem Wort "Auflage" teilweise sehr großzügig um. Vor allem im Bereich der Belletristik und bei Sachbüchern - z.B. Ratgebern, die in hohen Stückzahlen produziert werden - stößt man nicht selten auf Beispiele wie dieses:

3. Auflage: Januar 2007

Originalausgabe

Erschienen im Fischer Taschenbuch Verlag,

einem Unternehmen der S. Fischer Verlag GmbH,

Frankfurt am Main, Dezember 2006

Es liegt auf der Hand, dass die Angabe "3. Auflage" hier nicht dieselbe Bedeutung haben kann wie bei einem normalen Fachbuch: Dort würde eine solche Angabe für eine dritte Ausgabe mit einer höchstwahrscheinlich neuen Textfassung stehen. Häufig wird dies ja auch durch entsprechende Adjektive deutlich gemacht (z.B. "aktualisierte", "korrigierte", "überarbeitete", "ergänzte" Auflage). Zwar gibt es auch Angaben wie "2., unveränderte Auflage". Doch dann darf man zumindest davon ausgehen, dass sich jemand Gedanken darüber gemacht hat, ob der Text für die neue Ausgabe geändert werden muss oder so bleiben kann wie bisher. In diesen Fällen steht also eine höhere Auflagenzahl tatsächlich für eine neue Ausgabe (engl. edition). Im obigen Beispiel bedeutet die Angabe hingegen nur, dass wir den 3. Druck vorliegen haben - sie ist also ein Hinweis auf einen unveränderten Nachdruck.

In den meisten Fällen sind die beiden Typen recht einfach voneinander zu unterscheiden. In den D-A-CH gibt es eine Erläuterung zu RDA 2.5.2.1 mit entsprechenden Hinweisen (s. Screenshot):   

Screenshot aus den D-A-CH mit der Erläuterung zu RDA 2.5.2.1
Screenshot aus dem RDA Toolkit (www.rdatoolkit.org), verwendet mit Genehmigung der RDA-Verleger (American Library Association, Canadian Library Association und CILIP)

Wenn der Fall nicht eindeutig ist, sollte man nicht lange hin und her überlegen und sich quälen, sondern einfach von der Zweifelsfallregelung Gebrauch machen, die die AG RDA in weiser Voraussicht eingebaut hat: "Bestehen Zweifel, ob eine solche Angabe eine Ausgabebezeichnung oder eine Nachdruck-Angabe darstellt, so behandeln Sie die Angabe als Ausgabebezeichnung." (Dieser Satz ist leider irrtümlich mit in den Beispiel-Kasten hineingerutscht; der Fehler ist aber schon gemeldet).

Hat man sich dafür entschieden, dass eine Angabe wie "3. Auflage" keine echte Ausgabebezeichnung ist, sondern nur eine Nachdruckangabe, so wird sie schlicht ignoriert: Wir verhalten uns so, als würde diese Angabe gar nicht im Buch drin stehen. In unserem Beispiel wird als Ausgabebezeichnung also nur "Originalausgabe" erfasst und nicht "Originalausgabe, 3. Auflage". Entsprechend wird auch das bei der "3. Auflage" angegebene Datum nicht berücksichtigt: Wir nehmen "Dezember 2006" und nicht "Januar 2007". Denken Sie daran, dass in RDA nicht mehr nur das Jahr angegeben wird, sondern ggf. auch genauere Angaben - in unserem Beispiel der Monat (deswegen heißt das Element ja auch "Erscheinungsdatum" und nicht "Erscheinungsjahr").

Die Konsequenz ist, dass Exemplare mit der Angabe "3. Auflage: Januar 2007" demselben Titeldatensatz zugeordnet werden wie die Exemplare des ersten und zweiten Drucks. Von Prinzip her ist dies für uns aber nichts mehr Neues. Denn 2012 wurde von der AG KVA eine Praxisregel zur Katalogisierung von Nachdrucken ab Herstellungsjahr 2000 in Kraft gesetzt, die sich bereits an der angloamerikanischen Tradition orientierte. In der Vorbemerkung (S. 2) heißt es dazu:

"Aufgrund der veränderten Herstellungsprozesse werden Bücher zunehmend in kleineren Auflagen

gedruckt und häufig nachgedruckt bzw. nur auf Bestellung in Einzelexemplaren von einem digitalen

Master hergestellt. Dies führt in den Bibliotheken zu einem Nebeneinander von identischen Drucken,

die sich letztlich nur in ihrem Herstellungsjahr voneinander unterscheiden.

Nach RAK-WB ist das Erscheinungsjahr (das nach RAK-WB § 147,4 auch das Druckjahr umfasst) ein

zentrales Kriterium bei der Frage, ob eine neue Ausgabe vorliegt oder nicht. Gemäß RAK-WB § 2,2 a)

müssten daher in solchen Fällen eigene Titelaufnahmen angelegt werden. Dies ist jedoch - vor allem

im Verbundkontext - weder benutzerfreundlich noch arbeitseffizient. Die Regeln müssen deshalb an

die veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden: Da die Herstellung einer Ausgabe mittlerweile sozusagen in einem zeitlichen 'Kontinuum' erfolgt, kann das Herstellungsjahr nicht mehr als Unterscheidungskriterium dienen.

Stattdessen bietet es sich an, sich an der angloamerikanischen Katalogisierungstradition zu orientieren, in der schon immer zwischen dem Jahr der "edition" (Erscheinungsjahr) und dem Herstellungsjahr unterschieden wurde. Typischerweise werden alle Drucke derselben "edition" in einer Titelaufnahme zusammengeführt, auch wenn sie in unterschiedlichen Jahren produziert wurden. Entsprechend werden Angaben wie "reprinted", "9th printing", "35th impression" ignoriert."

Diese Praxisregel ist in leicht veränderter Form auch in die D-A-CH eingeflossen; Sie finden sie als AWR zu RDA 2.1 (Grundlage für die Identifizierung einer Ressource).

Neu ist also nur, dass auch eine Angabe wie "3. Auflage" auf einen unveränderten Nachdruck hinweisen kann. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig wird diese Neuregelung am Anfang sicher sein. Dennoch glaube ich, dass es keine großen Probleme damit geben wird: Die eindeutigen Fälle sind leicht zu erkennen, und bei den anderen wendet man eben die Zweifelsfallregelung an. Machen Sie die Probe und schauen Sie mal in dIhren eigenen Bücherschrank - Sie finden sicher Beispiele für Auflagen, die eigentlich Drucke sind!

Heidrun Wiesenmüller

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Kommentare: 14
  • #1

    Bertrams (Montag, 23 Februar 2015 16:02)

    Ich finde die Unterscheidung eigentlich auf den ersten Blick nicht so einfach und eindeutig, das könnte in der Verbundpraxis schon am Begriff "kurzer Zeitabstand" scheitern. Und wenn man bei einer 1. Aufl. nach der Zweifelsfallregelung verfährt und erst bei der 6. Auflage feststellt dass es vermutlich doch nur "Drucke" sind müsste man fragen, ob dann alles zurückgestrickt werden muss und auf eine Aufnahme reduziert, die dann allerdings gar keine Ausgabezeichnung haben dürfte. Und selbst nachdem dies passiert ist kann immernoch eine andere Bibliothek kommen und eine neue TA für eine 6. Auflage anlegen weil sie nicht gesehen hat dass mit der einen bestehenden TA eigentlich alle "Auflagen" gemeint sind. Ich habe versucht bei "Maxwell's handbook for RDA" etwas dazu zu finden. Die allgemeine Formulierung "Beachten Sie, dass in einigen Sprachen derselbe Terminus oder dieselben Termini verwendet werden können, um sowohl die Ausgabe als auch den Druck zu bezeichnen" wird dort (Seite 103/104) gefolgt von "This is especially true in regard to many French and Latin American publications." Und etwas später steht (finde ich sehr schön): "However, the cataloger is not required [to] be an expert on all the vagaries of publishing practices worldwide, much less to compare copies to verify the validity of an edition statement. If you simply cannot decide, take the word 'edition' ... at face value and record it as a designation fo edition." Das ist mehr oder weniger das was auch im Regelwerkstext steht. Hinter der DACH-Regel steht sicher eine gute Absicht, aber möglicherweise führen solche Spitzfindigkeiten eher zu inkongruenten Daten.

  • #2

    Heidrun Wiesenmüller (Montag, 23 Februar 2015 16:12)

    Aber entspricht der Satz bei Maxwell "If you simply cannot decide, take the word 'edition' ... at face value and record it as a designation fo edition" nicht genau der Zweifelsfallregelung in den D-A-CH?
    P.S.: Ich freue mich sehr, dass die Kommentarfunktion im Blog tatsächlich verwendet wird... hatte ich gar nicht erwartet!

  • #3

    Bertrams (Dienstag, 24 Februar 2015 07:43)

    Die Zweifelsfallregelung steht ja schon im eigentlichen Regelwerkstext, man könnte sich das Leben also einfach machen und immer von Zweifelsfällen ausgehen und sich dann nach dem Regelwerkstext richten - womit sich die DACH-Regel quasi selbst erledigt hätte.
    Ich finde Ihren Blog übrigens wirklich sehr hilfreich, diese RDA-Happen in verdaulicher Größe und verständlicher Erklärung sind ein gutes Mittel um zu lernen, sich im RDA-Gebäude zurecht zu finden.

  • #4

    Heidrun Wiesenmüller (Dienstag, 24 Februar 2015 09:48)

    Wir müssen m.E. zwei Dinge unterscheiden: Zu dem angesprochenen Problem - wann steht "Auflage" nur für einen unveränderten Nachdruck? - steht im Regelwerkstext eigentlich gar nichts drin. Wir erfahren nur, dass dies sein kann. Aber RDA erklärt uns weder, wie wir diese Fälle erkennen, noch, wie wir im Zweifelsfall damit umgehen sollen. Beides liefert die D-A-CH-Erläuterung. Die weiter unten im Regelwerkstext kommende, sogenannte "Zweifelsfallsregelung" ist ganz allgemein und bezieht sich auf alle Fälle, nicht nur auf unseren Spezialfall. Sie nennt Kriterien, die dafür sprechen, dass es eine Ausgabebezeichnung ist. Habe ich beispielsweise die Angabe "Ungekürzte Lesung", so fällt dies unter Punkt b) i) "Unterschiede im Inhalt" und ist deshalb eine Ausgabebezeichnung. Bei der Bewertung der Angabe "3. Auflage" helfen mir die hier aufgeführten Kriterien aber nicht wirklich weiter; es sei denn, wir würden "Auflage" als ein Wort betrachten, das grundsätzlich unter Punkt a) fällt. Aber anders als "Ausgabe" ist "Auflage" eben nicht so eindeutig. Deshalb halte ich die D-A-CH-Erläuterung nicht für redundant zum Regelwerkstext.

  • #5

    Jonas Stöckli (Donnerstag, 26 Februar 2015 14:06)

    Die Diskussion wird noch interessanter, wenn man einen Blick auf mehrteilige Monografien wirft: gemäss DACH AWR zu 2.5 werden diese in der Beurteilung ganz anders behandelt als einteilige Monografien und es werden nur neue Auflagen erfasst, wenn sich die Struktur ändert. So wie ich diese AWR verstehe, können die Auflagen noch so überarbeitet und verändert und umgeschrieben sein, und doch werden die Auflagen zusammengefasst katalogisiert. Die AWR bezieht sich auch auf eine höhere Ebene in der RDA-Hierarchie und ist somit stärker.

  • #6

    Heidrun Wiesenmüller (Donnerstag, 26 Februar 2015 14:38)

    Lieber Herr Stöckli, bei der hierarchischen Beschreibung stellt dies gar kein Problem dar: Da wird für einen Band in neuer Auflage eine neue untergeordnete Aufnahme erstellt. Zitat aus dem Lehrbuch (S. 65f.): "Beim Ausgabevermerk (RDA 2.5; vgl. Kap. 4.6) ist zu beachten, dass gezählte Auflagen nur in den untergeordneten Aufnahmen erfasst werden - denn diese Information gilt nicht zwingend für die gesamte mehrteilige Monografie. Erscheint ein Teil in neuer Auflage, so wird dafür eine weitere untergeordnete Aufnahme angelegt und mit der vorhandenen übergeordneten Aufnahme verknüpft. Häufig gibt es deshalb für denselben Teil mehrere Aufnahmen (eine pro Auflage). Ändert sich jedoch bei einer Neuauflage die Bandeinteilung, so legt man eine neue Beschreibung für die mehrteilige Monografie an (RDA 2.5 D-A-CH)." Bei der umfassenden Beschreibung sieht es zugegebenermaßen etwas anders aus (ich bin auch kein großer Fan dieser Technik). Titel und Verantwortlichkeitsangaben der einzelnen Bände kann man in jedem Fall auch bei der umfassenden Beschreibung angeben (das sind dann Beziehungen; faktisch schreibt man sie in eine Fußnote). Es ist mir aber nicht bewusst, dass man dies auch mit der Ausgabebezeichnung machen könnte.

  • #7

    Ina Krause (Mittwoch, 04 März 2015 16:29)

    Ich will gerne zugeben, daß die Unterscheidung von Auflage und Ausgabe (im Sinne von Nachdruck) nicht immer leicht ist. Doch möchte ich in diesem Zusammenhang den Blick auf den Benutzungsbereich lenken. Bei Titel, die in Staffelexemplaren vorhanden sind, wünschen die Nutzer stets die neueste Ausgabe auszuleihen, da sie davon ausgehen, daß in einer neueren Ausgabe auch die neuesten Erkenntnisse zu finden sind. Es fällt regelmäßig schwer, die Leser davon zu überzeugen, daß der eine Nachdruck zu 100 Prozent den gleichen Text enthält wie der später 'erschienene'. Insofern war ich heilfroh, als diese Nachdruckrichtlinie für Erscheinungsjahre ab 2000 auf den Markt kam, ganz abgesehen davon, daß es auch Arbeit einspart. Mittlerweile gibt es im GBV schon vereinzelt Tendenzen, mit einer nur in der Katalogisierungsdatenbank sichtbaren Kategorie auf den Sachverhalt hinzuweisen. Und ich frage mich ernsthaft, ob man es bei dieser Begrenzung auf das Jahr 2000 belassen sollte. Je weniger oft ein Titel angezeigt wird, desto leichter fällt den Lesern die Auswahl :)

  • #8

    Peter Bredthauer (Donnerstag, 05 März 2015 16:31)

    Ich halte die Begrenzung auf das Jahr 2000, welche die Arbeitsgruppe Kooperative Verbundanwendungen 2012 festgesetzt hat, durchaus für sinnvoll. Gerade die Entwicklung im digitalen Bereich zu Beginn der Nuller Jahre hat zu einem ziemlichen Wirrwarr an verschiedenen Katalogisaten in den Bibliotheken geführt, die häufig nur in ihrem Herstellungsjahr voneinander abweichen.
    Die Frage ist nur, inwiefern der Nutzer mit den Fußnoten im bibl. Bereich bzw. dem von Frau Krause erwähnten Hinweis auf Exemplarebene ("Hier auch später erschienene ..." und "Hergestellt in: 20XX") etwas anfangen kann als Hinweis auf eine ansonsten unverändete Auflage/Ausgabe. Für die Arbeit von uns Katalogisierern ist die Praxisregel natürlich eine feine Sache, wenn es auch manchmal mühselig ist, aus (z.B. Retro)-Aufnahmen sich ein Bild von der Datenlage zu machen. Oftmals muss autoptisch geprüft werden.
    Ich bin gespannt, wie sich die RDA 2.1 bzw. die D-A-CH auf die Datenlage bzw. die "Identifizierung der Ressourcen" auswirken wird.
    Toll, dass hier inzwischen übrigens so eine rege Beteiligung herrscht ;-)

  • #9

    Heidrun Wiesenmüller (Freitag, 06 März 2015 12:34)

    Die in den beiden letzten Kommentaren angesprochene "Jahr-2000-Regelung" haben wir in das D-A-CH zu RDA 2.1 nicht mit reingeschrieben. D.h. nach derzeitiger Regelwerkssituation gilt diese zeitliche Grenze nicht, wenn man mit RDA katalogisiert. Im Rahmen der Festlegungen für den Umgang mit Altdaten muss man darüber wohl nochmal sprechen.

  • #10

    Julia Schwarz (Freitag, 17 April 2015 17:14)

    zu den mehrteiligen Monographien: In den PICA-Verbünden gibt es ja auch schon einen übergeordneten Datensatz für verschiedene Auflagen. Es wird nur dann ein neuer gemacht, wenn sich die Bandeinteilung ändert.
    Der Hebis-Verbund (oder ist das sogar D-A-CH-weit?) hat sich übrigens dagegen entschieden, dass mehrteilige Monographien umfassend beschrieben werden können. Ausnahme für die mehrteilige Monographien, die in einer Einheit erschienen sind (z.B. Hörbücher, die aus zwei CDs bestehen)

  • #11

    Christian Mewes (Donnerstag, 14 Januar 2016 16:39)

    In der Praxisregel zur Katalogisierung von Nachdrucken ab Herstellungsjahr 2000 heißt es:

    Wenn aufgrund der anderen unter Typ A genannten Kriterien ein eigener Datensatz für den vorliegenden Nachdruck erfasst werden muss, so gelten für die Erstellung des neuen Datensatzes die bisherigen RAK-Regelungen. D.h. die vorliegende Ausgabebezeichnung, ein neuer Verlag, ein abweichender Umfang, ein neuer Gesamttitel usw. werden angegeben und das in der Vorlage genannte Jahr gilt als Erscheinungsjahr.

    In RDA 2.1 gibt es diese Regel nicht mehr.
    Bei meinem Fall steht im Buch First published 1998, Reprinted 2002, 2003, 2005. Mit Reprinted 2002 gibt es einen neuen Verlag. Wird jetzt Reprinted 2002, 2003, 2005 ignoriert und beide Datensätze bekommen das Erscheinungsjahr 1998 (1 x "alter" und 1 x "neuer" Verlag) oder greift hier D-A-CH AWR für 2.5.2.1
    "Bestehen Zweifel, ob eine solche Angabe eine Ausgabebezeichnung oder eine Nachdruck-Angabe darstellt, so behandeln Sie die Angabe als Ausgabebezeichnung."

  • #12

    Heidrun Wiesenmüller (Donnerstag, 14 Januar 2016 20:08)

    Lieber Herr Mewes,
    das ist ein interessanter, aber auch schwieriger Fall (beides geht ja oft zusammen). Im Folgenden nur eine vorläufige Antwort, weil ich das gerne noch mit anderen KollegInnen, insbesondere Frau Horny, diskutieren möchte.
    Ich erinnere mich, dass wir den zitierten Satz nach Protesten in der alten Praxisregel ergänzt hatten, um bibliografisch "falsche" Aufnahmen zu vermeiden. Auch hier könnte man so argumentieren: Wenn man den zweiten Verlag zusammen mit dem ursprünglichen Erscheinungsdatum verwendet, so suggeriert man, dass man im Jahr 1998 das Buch mit der Nennung des zweiten Verlags zu kaufen war - was aber gar nicht stimmt.
    Aber mir scheint, dass man hier schon aus praktischen Gründen eine gewisse Unschärfe in Kauf nehmen muss. Angenommen, in Ihrem Verbund gäbe es nur Reprints ab dem Jahr 2002, also mit dem zweiten Verlag. Dann wüssten Sie ja gar nicht, dass die "originale" Manifestation einen anderen Verlag hatte und würden automatisch nach der normalen Regel "[1998]" als Erscheinungsdatum erfassen.
    Ich persönlich hätte damit auch gar kein großes Problem. Klar, es muss wegen der zwei Verlage auch zwei Datensätze geben. Aber nachdem der zweite Verlag die Kette aus Copyright-Jahr und Reprint-Jahren identisch fortsetzt, scheint die Kontinuität ja beabsichtigt zu sein: Die Reprints sollen wohl sämtlich als Nachdrucke der "edition" von 1998 verstanden werden (und sind vermutlich im Inneren auch tatsächlich absolut identisch), auch wenn der Verlag zwischenzeitlich gewechselt hat. Ich denke, auch für die Benutzer wäre es in diesem Fall nicht hilfreich, wenn der zweite Datensatz das Jahr 2002 bekäme - dann würde evtl. fälschlich angenommen, dass der Inhalt neuer ist als bei der Ausgabe von 1998 (auch dann, wenn man "Reprinted" als Ausgabebezeichnung erfasst). Und bei jedem späteren Nachdruck müsste man die Druckgeschichte wieder von neuem nachvollziehen...
    Meine derzeitige Tendenz wäre deshalb, hier stur nach der Vorlage vorzugehen, d.h. "[1998]" als Erscheinungsjahr auch beim Datensatz für die Reprints aus dem zweiten Verlag zu nehmen. Das entspricht ja eigentlich auch einem Grundprinzip von RDA: die Dinge so darstellen, wie sie sich selbst präsentieren.
    Viele Grüße
    Heidrun Wiesenmüller

  • #13

    Christian Schmidt (Montag, 14 März 2016 11:55)

    Liebe Frau Wiesenmüller,
    mich verwirrt die Aussage
    "Zwar gibt es auch Angaben wie '2., unveränderte Auflage'. Doch dann darf man zumindest davon ausgehen, dass sich jemand Gedanken darüber gemacht hat, ob der Text für die neue Ausgabe geändert werden muss oder so bleiben kann wie bisher. In diesen Fällen steht also eine höhere Auflagenzahl tatsächlich für eine neue Ausgabe (engl. edition)."
    etwas. Wieso sollte das denn nicht eine weitere Variante von Verlagen sein, einen Nachdruck zu bezeichnen? Könnte man hier nicht die ISBN noch als Indiz hinzuziehen? Gleiche ISBN - Nachdruck, neue ISBN - neue Auflage (edition)? Es gibt meines Erachtens nur wenige Verlage, die die ISBN auch bei einer echten Neuauflage beibehalten, wohingegen das bei Nachdrucken durchaus üblich scheint.

  • #14

    Heidrun Wiesenmüller (Montag, 14 März 2016 23:16)

    Lieber Herr Schmidt,

    das sind m.E. schon zwei ganz unterschiedliche Fälle. Bei einem reinen Nachdruck ist es doch so, dass der Verlag einfach nochmals die Druckmaschinen anwirft, weil die Zahl der gedruckten Exemplare nicht gereicht hat. Die Autoren werden darüber in der Regel nicht einmal informiert. Etwas, was als "2., unveränderte Auflage" publiziert wird, ist hingegen gewiss mit dem Autor oder Herausgeber besprochen worden und die neue Auflage wird dann auch neu in den Prospekten beworben.

    Viele Grüße
    Heidrun Wiesenmüller